∞Bergschluchten, Wald, Fels, Einöde
∞Heilige Anachoreten Gebirg auf vertheilt, gelagert zwischen Klüften
11844Waldung, sie schwanckt heran,
11845Felsen, sie lasten dran,
11846Wurzeln, sie klammern
an,
11847Stamm dicht am Stamm hinan.
11848Woge nach Woge spritzt,
11849Höhle die tiefste schützt.
11850Löwen sie schleichen stumm-
11851Freundlich um uns herum,
11852Ehren geweihten Ort
11853Heiligen Liebeshort.
∞Pater extaticus
∞auf und abschweifend
11854Ewiger Wonnebrand,
11855Glühendes Liebeband,
11856Siedender Schmerz der Brust,
11857Schäumende Gottes-Lust.
11858Pfeile durchdringet mich,
11859Lanzen bezwinget mich,
11860Keulen zerschmettert mich,
11861Blitze durchwettert mich;
11862Daß ja das Nichtige
11863Alles verflüchtige,
11864Glänze der Dauerstern
11865Ewiger Liebe Kern.
∞Pater profundus
∞Tiefe Region
11866Wie Felsenabgrund mir zu Füßen
11867Auf tieferm Abgrund lastend ruht,
11868Wie tausend Bäche strahlend fließen
11869Zum grausen Sturz des Schaums der Flut,
11870Wie strack, mit eignem kräftigen Triebe,
11871Der Stamm sich in die Lüfte trägt,
11872So ist es die allmächtige Liebe
11873Die alles bildet alles hegt.
11874Ist um mich her ein wildes Brausen,
11875Als wogte Wald und Felsengrund,
11876Und doch stürzt, liebevoll im Sausen,
11877Die Wasserfülle sich zum Schlund,
11878Berufen gleich das Thal zu wässern;
11879Der Blitz der flammend niederschlug
11880Die Atmosphäre zu verbessern
11881Die Gift und Dunst im Busen trug;
11882Sind Liebesboten, sie verkünden
11883Was ewig schaffend
uns umwallt.
11884Mein Inres mög’ es auch entzünden
11885Wo sich der Geist, verworren kalt,
11886Verquält in stumpfer Sinne Schranken
11887Scharfangeschloßnem Kettenschmerz.
11888O Gott! beschwichtige die Gedanken
11889Erleuchte mein bedürftig Herz.
∞Pater Seraphicus
∞Mittlere Region
11890Welch ein Morgenwölkchen schwebet
11891Durch der Tannen schwankend Haar;
11892Ahn ich was im Innern lebet?
11893Es ist junge Geisterschaar.
∞Chor seliger Knaben
11894Sag uns Vater wo wir wallen,
11895Sag uns Guter wer wir sind?
11896Glücklich sind wir, allen allen
11897Ist das Daseyn so gelind.
∞Pater
Seraphicus
11898Knaben! Mitternachts Geborne,
11899Halb erschlossen Geist und Sinn,
11900Für die Eltern gleich Verlorne,
11901Für die Engel zum Gewinn
11902Daß ein Liebender zugegen
11903Fühlt ihr wohl, so naht euch nur;
11904Doch von schroffen Erdewegen
11905Glückliche! habt ihr keine Spur.
11906Steigt herab in meiner Augen
11907Welt- und erdgemäß Organ,
11908Könn’t sie als die euern brauchen,
11909Schaut euch diese Gegend an.
∞
er nimmt sie in sich.
11910Das sind Bäume, das sind Felsen,
11911Wasserstrom, der abestürzt
11912Und mit ungeheuerm Wälzen
11913Sich den steilen Weg verkürzt.
∞Selige Knaben
∞
von innen
11914Das ist mächtig anzuschauen
11915Doch zu düster ist der Ort,
11916Schüttelt uns mit Schreck und Grauen,
11917Edler, Guter laß uns fort.
∞Pater
Seraphicus
∞Engel
∞schwebend in der höhern Atmosphäre, Faustens Unsterbliches tragend
11934Gerettet ist das edle Glied
11935Der Geisterwelt vom Bösen,
11936„Wer immer strebend sich
bemüht
11937Den können wir erlösen.“
11938Und hat an ihm die Liebe gar
11939Von oben Theil genommen,
11940Begegnet ihm die selige Schaar
11941Mit herzlichem Willkommen.
∞Die jüngeren Engel
11942Jene Rosen, aus den Händen
11943Liebend-heiliger Büsserinnen,
11944Halfen uns den Sieg gewinnen,
11945Uns das hohe Werk vollenden,
11946Diesen Seelenschatz erbeuten.
11947Böse wichen als wir streuten,
11948Teufel flohen als wir trafen.
11949Statt gewohnter Höllenstrafen,
11950Fühlten Liebesqual die Geister;
11951Selbst der alte Satans-Meister
11952War von spitzer Pein durchdrungen.
11953Jauchzet auf! es ist
gelungen.
∞Die vollendeteren Engel
11954Uns bleibt ein Erdenrest
11955Zu tragen peinlich,
11956Und wär’ er von Asbest
11957Er ist nicht reinlich.
11958Wenn starke Geisteskraft
11959Die Elemente
11960An sich herangerafft,
11961Kein Engel trennte
11962Geeinte Zwienatur
11963Der innigen Beyden,
11964Die ewige Liebe nur
11965Vermags zu scheiden.
∞Die jüngeren Engel
11966Nebelnd um Felsenhöh
11967Spür ich so eben,
11968Regend sich in der Näh,
11969Ein Geister-Leben.
11970Die Wölkchen werden klar,
11971Ich seh bewegte Schaar
11972Seliger Knaben,
11973Los von der Erde Druck,
11974Im Kreis gesellt,
11975Die sich erlaben
11976Am neuen Lenz und Schmuck
11977Der obern Welt.
11978Sey er zum Anbeginn,
11979Steigendem Vollgewinn,
11980Diesen gesellt!
∞Die seligen Knaben
11981Freudig empfangen wir
11982Diesen im Puppenstand;
11983Also erlangen wir
11984Englisches Unterpfand.
11985Löset die Flocken los
11986Die ihn umgeben,
11987Schon ist er schön und groß
11988Von heiligem Leben.
∞Doctor Marianus
∞in der höchsten, reinlichsten Zelle
11989Hier ist die Aussicht frey,
11990Der Geist erhoben.
11991Dort ziehen Fraun
vorbey,
11992Schwebend nach oben.
11993Die Herrliche, mitteninn,
11994Im Sternenkranze,
11995Die Himmelskönigin,
11996Ich seh’s am Glanze.
∞entzückt
11997Höchste Herrscherin der Welt
11998Lasse mich, im blauen,
11999Ausgespannten Himmelszelt,
12000Dein Geheimniß schauen.
12001Billige was des Mannes Brust
12002Ernst und zart beweget
12003Und mit heiliger Liebeslust
12004Dir entgegen träget.
12005Unbezwinglich unser Muth
12006Wenn du hehr gebietest,
12007Plötzlich mildert sich die Glut,
12008Wie du uns befriedest.
12009Jungfrau, rein im schönsten Sinn,
12010Mutter, Ehren würdig,
12011Uns erwählte Königinn,
12012Göttern ebenbürtig.
12013Um sie verschlingen
12014Sich leichte Wölkchen,
12015Sind Büserinnen,
12016Ein zartes Völkchen;
12017Um Ihre Knie
12018Den Äther schlürfend,
12019Gnade bedürfend.
∞Mater gloriosa
schwebt einher
∞Chor der Büsserinnen
∞Magna peccatrix
∞(St Lucae VII. 36)
12037Bey der Liebe, die den Füßen
12038Deines gottverklärten Sohnes
12039Thränen lies zum Balsam fließen,
12040Trotz des Pharisäer-Hohnes;
12041Beym Gefäße das so reichlich
12042Tropfte Wohlgeruch hernieder,
12043Bey den Locken die so weichlich
12044Trockneten die heilgen Glieder –
∞Mulier Samaritana
12045Bey dem Bronn, zu dem schon weyland
12046Abram lies die Heerde führen,
12047Bey dem Eymer der dem Heyland
12048Kühl die Lippe durft berühren;
12049Bey der reinen reichen Quelle
12050Die nun dorther sich ergießet,
12051Überflüssig, ewig helle,
12052Rings durch alle Welten fließet –
∞Maria Egyptiaca
∞(Acta Sanctorum)
∞Zu drey
12061Die du großen Sünderinnen
12062Deine Nähe nicht verweigerst
12063Und ein büssendes Gewinnen
12064In die Ewigkeiten steigerst,
12065Gönn’ auch dieser guten Seele
12066Die sich einmal nur vergessen,
12067Die nicht ahnte daß sie fehle,
12068Dein Verzeihen angemessen.
∞Die eine Büsserin
∞Sonst Gretchen genannt
12084Vom edlen Geisterchor umgeben
12085Wird sich der Neue kaum gewahr,
12086Er ahnet kaum das frische Leben
12087So gleicht er schon der heiligen Schaar.
12088Sieh! wie er jedem Erdenbande
12089Der alten Hülle sich entrafft,
12090Und aus ätherischem Gewande
12091Hervortritt erste Jugendkraft.
12092Vergönne mir ihn zu belehren,
12093Noch blendet ihn der neue Tag.
∞Chorus mysticus
∞Finis