∞Auf dem Vorgebirg
∞Trommeln und kriegerische Musick von unten
∞Des Kaisers Zelt wird aufgeschlagen
∞Obergeneral
10345Noch immer scheint der Vorsatz wohl erwogen
10346Daß wir, in dieß gelegene Thal,
10347Das ganze Heer gedrängt zurückgezogen,
10348Ich hoffe fest uns glückt die Wahl.
∞Kaiser
10349Wie es nun geht, es muß sich zeigen;
10350Doch mich verdrießt die halbe Flucht, das Weichen.
∞Obergeneral
10351Schau hier, mein Fürst, auf unsre rechte Flanke.
10352Solch ein Terrain wünscht sich der Kriegsgedanke;
10353Nicht steil die Hügel, doch nicht allzu gänglich,
10354Den Unsern vortheilhaft, dem Feind verfänglich.
10355Wir, halb versteckt, auf wellenförmigem Plan;
10356Die Reiterey sie wagt sich nicht heran.
∞Obergeneral
10359Hier, auf der Mittelwiese flachen Räumlichkeiten,
10360Siehst du den Phalanx, wohlgemuth zu streiten.
10361Die Piken blinken flimmernd in der Luft,
10362Im Sonnenglanz, durch Morgennebelduft.
10363Wie dunkel wogt das mächtige Quadrat!
10364Zu Tausenden glühts hier auf große That.
10365Du kannst daran der Masse Kraft erkennen,
10366Ich trau ihr zu der Feinde Kraft zu trennen.
∞Kaiser
10367Den schönen Blick hab’ ich zum ersten Mal.
10368Ein solches Heer gilt für die Doppelzahl.
∞Obergeneral
10369Von unsrer Linken hab ich nichts zu melden,
10370Den starren Fels besetzen wackere Helden.
10371Das Steingeklipp, das jetzt
von Waffen blitzt,
10372Den wichtigen Paß der engen Klause schützt.
10373Ich ahne schon hier scheitern Feindeskräfte
10374Unvorgesehn im blutigen Geschäfte.
∞Kaiser
10375Dort ziehn sie her die falschen Anverwandten,
10376Wie sie mich Oheim, Vetter, Bruder nannten,
10377Sich immer mehr und wieder mehr erlaubten,
10378Dem Scepter Kraft, dem Thron Verehrung raubten;
10379Dann, unter sich entzweyt, das Reich verheerten,
10380Und nun gesammt sich gegen mich empörten.
10381Die Menge schwankt im ungewissen Geist,
10382Dann strömt sie nach wohin der Strom sie reißt.
∞Obergeneral
10383Ein treuer Mann, auf Kundschaft ausgeschickt,
10384Kommt eilig Felsenab; seys
ihm geglückt!
∞Erster Kundschafter
∞Kaiser
10393Sich selbst erhalten bleibt der Selbstsucht Lehre,
10394Nicht Dankbarkeit und Neigung,
Pflicht
und Ehre.
10395Bedenkt ihr nicht, wenn eure Rechnung voll,
10396Daß Nachbars Hausbrand Euch verzehren soll.
∞Obergeneral
10397Der Zweyte kommt, nur langsam steigt er nieder,
10398Dem müden Manne zittern alle Glieder.
∞Zweyter Kundschafter
∞Kaiser
10407Ein Gegenkaiser kommt mir zum Gewinn,
10408Nun fühl ich erst daß Ich der Kaiser bin.
10409Nur als Soldat legt ich den Harnisch an,
10410Zu höherem Zweck ist er nun umgethan.
10411Bey jedem Fest, wenns noch so glänzend war,
10412Nichts ward vermißt,
mir fehlte die Gefahr.
10413Wie ihr auch seyd zum Ringspiel riethet ihr,
10414Mir schlug das Herz ich athmete Turnier.
10416Jetzt glänzt’ ich schon in lichten
Heldenthaten.
10417Selbstständig fühlt ich meine Brust
besiegelt,
10418Als ich mich dort im Feuerreich bespiegelt,
10419Das Element drang gräßlich auf mich los,
10420Es war nur Schein, allein der Schein war
groß.
10421Von Sieg und Ruhm hab ich verwirrt geträumt,
10422Ich bringe nach was frevelhaft versäumt.
∞die Herolde werden abgefertigt zu Herausforderung des
Gegenkaisers.
∞Faust
10423Wir treten auf, und hoffen ungescholten;
10424Auch ohne Noth hat Vorsicht wohl gegolten.
10425Du weist das Bergvolk denkt und simulirt,
10426Ist in Natur- und Felsenschrift studirt.
10427Die Geister, längst dem
flachen Land entzogen,
10428Sind mehr als sonst dem Felsgebirg gewogen.
10429Sie wirken still durch
labyrinthische Klüfte,
10430Im edlen Gas, metallisch reicher Düfte;
10431In stetem Sondern, Prüfen und Verbinden,
10432Ihr einziger Trieb ist Neues zu erfinden.
10433Mit leisem Finger geistiger Gewalten,
10434Erbauen sie durchsichtige Gestalten;
10435Dann im Krystall und seiner ewigen Schweigniß
10436Erblicken sie der Oberwelt Ereigniß.
∞Kaiser
10437Vernommen hab ich’s und ich glaube dir;
10438Doch, wackrer Mann, sag an: was soll das hier.
∞Faust
10440Ist dein getreuer ehrenhafter Diener.
10441Welch gräulich Schicksal droht’ ihm ungeheuer,
10442
Das Reißig prasselte, schon züngelte das Feuer;
10443Die trocknen Scheite, rings umher verschränkt,
10444Mit Pech und Schwefelruthen untermengt;
10445Nicht Mensch, noch Gott,
noch Teufel konnte retten,
10446Die Majestät zersprengte glühende Ketten.
10447Dort war’s in Rom. Er bleibt dir hoch verpflichtet,
10448Auf deinen Gang in Sorge stets gerichtet.
10449Von jener Stund’ an ganz vergaß er sich,
10450Er fragt den Stern, die Tiefe nur für dich.
10451Er trug uns auf, als eiligstes Geschäfte,
10453Da wirkt Natur so übermächtig frey,
10454Der Pfaffen Stumpfsinn schilt es Zauberey.
∞Kaiser
10455Am Freudentag wenn wir die Gäste grüssen,
10456Die heiter kommen
heiter
zu
genießen,
10457Da freut uns jeder wie er schiebt und drängt,
10458Und, Mann für Mann, der Säle Raum verengt.
10459Doch höchst willkommen muß der Biedre seyn,
10460Tritt er als Beystand kräftig zu uns ein,
10461Zur Morgenstunde, die bedenklich waltet,
10462Weil über ihr des Schicksals Wage schaltet.
10463Doch lenket hier, im hohen Augenblick,
10464Die starke Hand vom willigen Schwerdt zurück
10465Ehrt den Moment, wo manche tausend schreiten,
10466Für oder wider mich, zu streiten.
10467Selbst ist der Mann! Wer Thron und Kron begehrt
10468Persönlich sey er solcher Ehren werth.
10469Sey das Gespenst, das gegen uns erstanden
10470Sich Kaiser nennt und Herr von unsern Landen,
10471Des Heeres Herzog, Lehnsherr unsrer Großen,
10472Mit eigner Faust in’s Todtenreich gestoßen.
∞Faust
10473Wie es auch sey das Große zu vollenden,
10474Du thust nicht wohl dein Haupt so zu verpfänden.
10475Ist nicht der Helm mit Kamm und Busch geschmückt,
10476Er schützt das Haupt das unsern Muth entzückt.
10477Was, ohne Haupt, was
förderten die Glieder?
10478Denn schläfert jenes, alle sinken nieder;
10479Wird es verletzt, gleich alle sind verwundet,
10480Erstehen frisch, wenn jenes rasch gesundet.
10481Schnell weiß der Arm sein starkes Recht zu nützen,
10482Er hebt den Schild den Schädel zu beschützen,
10483Das Schwerdt gewahret seiner Pflicht sogleich,
10484Lenkt kräftig ab und wiederholt den Streich;
10485Der tüchtige Fuß nimmt Theil an ihrem Glücke,10485–10486 Glücke bis Genicke ] 2 IV H.13 Glücke bis Genicke 2 IV H.18
Glück‸ bis Genicke : Glücke, bis Genicke G 2 IV H.13
Glück bis Genick 2 H (II aa)
10486Setzt dem Erschlagenen frisch sich ins Genicke.
∞Kaiser
10487Das ist mein Zorn, so möcht ich ihn behandeln,
10488Das stolze Haupt in Schemeltritt verwandeln.
∞Faust
10497Dem Wunsch gemäß der Besten ists geschehn,
10498Die, fest und treu, an deiner Seite stehn.
10499Dort naht der Feind, die deinen harren brünstig,
10500Befiehl den Angriff, der
Moment ist günstig.
∞Kaiser
10501Auf das Commando leist ich hier Verzicht.
∞zum Oberfeldherrn
10502In deinen Händen, Fürst,
sey deine Pflicht.
∞Obergeneral
10503So trete denn der rechte Flügel an!
10504Des Feindes Linke, eben jetzt im Steigen,
10505Soll, eh sie noch den letzten Schritt gethan,
10506Der Jugendkraft geprüfter Treue weichen.
∞Faust
10507Erlaube denn daß dieser muntre Held
10508Sich ungesäumt in deine Reihen stellt,
10509Sich deinen Reihen innigst einverleibt,
10510Und, so gesellt, sein kräftig Wesen treibt.
∞er deutet zur Rechten.
∞Raufebold
∞tritt vor
10511Wer das Gesicht mir zeigt der kehrts nicht ab
10512Als mit zerschlagnen Unter-
und Oberbacken,
10513Wer mir den Rücken kehrt, gleich liegt ihm schlapp
10514Hals, Kopf und Schopf hinschlotternd graß im Nacken.
10515Und schlagen deine Männer dann
10516Mit Schwerd und Kolben wie ich wüthe,
10517So stürzt der Feind, Mann über Mann,
10518Ersäuft im eigenen
Geblüte.
∞
ab
∞Oberfeldherr
10519Der Phalanx unsrer Mitte folge sacht,
10520Dem Feind begegn’ er, klug mit aller Macht,
10521Ein wenig rechts, dort hat bereits, erbittert,
10522Der unseren Streitkraft ihren Plan erschüttert.
∞Habebald
10525Dem Heldenmuth der Kaiserschaaren
10526Soll sich der Durst nach Beute paaren;
10527Und allen sey das Ziel gestellt:
10528Des Gegenkaisers reiches Zelt.
10529Er prahlt nicht lang auf seinem Sitze,
10530Ich ordne mich dem Phalanx an die Spitze.
∞Eilebeute
∞Markedenterin, sich an ihn
anschmiegend
10531Bin ich ihm auch nicht angeweibt,10531 ihm auch ] 2 IV H.13 ihm auch G 2 IV H.18 2 IV H.13 auch ihm 2 H (II aa)
10532Er mir der liebste Buhle bleibt.
10533Für uns ist solch ein Herbst gereift!
10534Die Frau ist grimmig wenn sie greift,
10535Ist ohne Schonung wenn sie raubt;
10536Im Sieg voran! und alles ist erlaubt.
∞
beyde ab
∞Oberfeldherr
10537Auf unsre Linke, wie vorauszusehn,
10538Stürzt ihre Rechte, kräftig. Widerstehn
10539Wird, Mann für Mann, dem wüthenden Beginnen
10540Den engen Paß des Felswegs zu gewinnen.
∞Faust
∞winkt nach der Linken
10541So bitte Herr auch diesen zu bemerken,
10542Es schadet nichts wenn Starke sich verstärken.
∞Haltefest
∞tritt vor
10543Dem linken Flügel keine Sorgen!
10544Da wo ich bin ist der Besitz geborgen,
10545In ihm bewähret sich der Alte,
10546Kein Strahlblitz spaltet was ich halte.
∞
ab
∞
Mephistopheles
∞von oben herunterkommend
10547Nun schauet wie im
Hintergrunde,
10548Aus jedem zackigen Felsenschlunde,
10549Bewaffnete hervor sich drängen,
10550Die schmalen Pfade zu verengen.
10551Mit Helm und Harnisch, Schwerdtern, Schilden,
10552In unserm Rücken eine Mauer bilden,
10553Den Wink erwartend zuzuschlagen.
∞leise zu den Wissenden
10554Woher das kommt müsst ihr nicht fragen.
10555Ich habe freylich nicht gesäumt
10557Da standen sie zu Fuß zu Pferde,
10558Als wären sie noch Herrn der Erde,
10559Sonst waren’s Ritter, König, Kaiser,
10560Jetzt sind es nichts als leere Schneckenhäuser.
10561Gar manch Gespenst hat sich darein geputzt,
10562Das Mittelalter lebhaft aufgestutzt.
10563Welch Teufelchen auch drinne steckt,
10564Für diesmal macht es doch Effect.
∞laut
10565Hört wie sie sich voraus erbosen,
10566Blechklappernd aneinander stoßen!
10567Auch flattern Fahnenfetzen bey Standarten,
10568Die frischer Lüftchen ungeduldig harrten.
10569Bedenkt, hier ist ein altes
Volk bereit
10570Und mischte gern sich auch zum neuen Streit.
∞furchtbarer Posaunenschall von oben, im feindlichen Heere merkliche Schwankungnach 10570 Posaunenschall ] Posaunenschall 2 IV H.21a Posauenschall 2 H (I a)
∞Faust
10571Der Horizont hat sich verdunkelt,
10572Nur hie und da bedeutend funkelt
10573Ein rother ahnungsvoller Schein;
10574Schon blutig blinken die Gewehre,
10575Der Fels, der Wald, die Atmosphäre,
10576Der ganze Himmel mischt sich ein.
∞
Mephistopheles
10577Die rechte Flanke hält sich kräftig;
10578Doch seh ich, ragend unter
diesen,
10579Hans Raufbold, den behenden Riesen,
10580Auf seine Weise rasch beschäftigt.
∞Kaiser
10581Erst sah ich Einen Arm erhoben,
10582Jetzt seh ich schon ein Dutzend toben,
10583Naturgemäß geschieht es nicht.
∞Faust
10584Vernahmst du nichts von Nebelstreifen
10585Die auf Siciliens Küsten schweifen?
10586Dort, schwankend klar, im Tageslicht,
10587Erhoben zu den Mittellüften,
10588Gespiegelt in besondern Düften,
10589Erscheint ein seltsames Gesicht.
10590Da schwanken Städte hin und wieder,
10591Da steigen Gärten auf und nieder,
10592Wie Bild um Bild den Äther bricht.
∞Kaiser
10593Doch wie bedenklich! Alle Spitzen
10594Der hohen Speere seh ich blitzen;
10595Auf unsrer Phalanx blanken Lanzen
10596Seh ich behende Flämmchen tanzen.
10597Das scheint mir gar zu geisterhaft.
∞Faust
10598Verzeih, o Herr, das sind die Spuren
10599Verschollner geistiger Naturen,
10600Ein Widerschein der Dioskuren,
10601Bey denen alle Schiffer schwuren,
10602Sie sammeln hier die letzte Kraft.
∞Kaiser
10603Doch sage wem sind wir verpflichtet
10604Daß die Natur, auf uns gerichtet,
10605Das Seltenste zusammenrafft?
∞
Mephistopheles
10606Wem als dem Meister, jenem hohen,
10607Der dein Geschick im Busen trägt?
10608Durch deiner Feinde starkes drohen
10609Ist er im Tiefsten aufgeregt.
10610Sein Dank will dich gerettet sehen,
10611Und sollt er selbst daran vergehen.
∞Kaiser
10612Sie jubelten mich pomphaft umzuführen,
10613Ich war nun was, das wollt
ich auch probiren,
10614Und fands gelegen, ohne viel zu denken,
10615Dem weißen Barte kühle Luft zu schenken.
10616Dem Klerus hab ich eine Lust verdorben,
10617Und ihre Gunst mir freylich nicht erworben.
10618Nun sollt ich seit so manchen Jahren
∞Faust
10620Freyherzige Wohlthat wuchert reich;
10621Laß deinen Blick sich aufwärts wenden!
10622Mich däucht Er will ein Zeichen senden,
10623Gieb acht, es deutet sich sogleich.
∞Faust
10626Gieb acht: gar günstig scheint es mir.
10627Greif ist ein fabelhaftes Thier;
10628Wie kann er sich so weit vergessen,
10629Mit ächtem Adler sich zu messen?
∞Kaiser
10630Nunmehr, in weitgedehnten Kreisen;
10631Umziehn sie sich; – in gleichem Nu,
10632Sie fahren aufeinander zu
10633Sich Brust und Hälse zu zerreißen.
∞
Mephistopheles
∞gegen die Rechte
10640Dringend wiederholten Streichen
10641Müssen unsre Feinde weichen,
10642Und, mit ungewissem Fechten,
10643Drängen sie nach ihrer Rechten
10644Und verwirren so im Streite
10645Ihrer Hauptmacht linke Seite.
10646Unsers Phalanx feste Spitze
10647Zieht sich rechts, und
gleich dem Blitze
10648Fährt sie in die schwache Stelle. –
10649Nun, wie sturmerregte Welle,10649 sturmerregte ] 2 IV H.8 sturmbewegte 2 H
C1 41
C3 41
Q sturmerregte Ec 2 H (II aa, VI)
10650Sprühend, wüthen gleiche Mächte,
10651Wild in doppeltem Gefechte,
10652Herrlichers ist nichts ersonnen
10653Uns ist diese Schlacht gewonnen.
∞an der linken Seite zu
Faust
10654Schau! Mir scheint es dort bedenklich,
10655Unser Posten steht verfänglich.
10656Keine Steine seh ich fliegen,
10657Niedre Felsen sind erstiegen,
10658Obre stehen schon verlassen.
10659Jetzt! – Der Feind, zu ganzen Massen
10660Immer näher angedrungen,
10661Hat vielleicht den Paß errungen.
10662Schlußerfolg unheiligen Strebens!
10663Eure Künste sind vergebens.
∞
Pause
∞
Mephistopheles
10664Da kommen meine beiden Raben,
10665Was mögen die für Botschaft haben?
10666Ich fürchte gar es geht uns schlecht.
∞Kaiser
10667Was sollen diese leidigen Vögel?
10668Sie richten ihre schwarzen Segel
10669Hierher vom heißen Felsgefecht.
∞
Mephistopheles
∞zu den Raben
10670Setzt euch ganz nah zu meinen Ohren.
10671Wen ihr beschützt ist nicht verloren,
10672Denn euer Rath ist folgerecht.
∞Faust
∞zum Kaiser
10673Von Tauben hast du ja vernommen,
10674Die aus den fernsten Landen kommen,
10675Zu ihres Nestes Brut und Kost.
10676Hier ist’s, mit wichtigen Unterschieden;
10677Die Taubenpost bedient den Frieden,
10678Der Krieg befiehlt die Rabenpost.
∞
Mephistopheles
10679Es meldet sich ein schwer Verhängniß,
10680Seht hin! gewahret die Bedrängniß
10681Um unsrer Helden Felsenrand.
10682Die nächsten Höhen sind erstiegen,
10683Und würden sie den Paß besiegen,
10684Wir hätten einen schweren Stand.
∞Kaiser
10685So bin ich endlich doch betrogen!
10686Ihr habt mich in das Netz gezogen,
10687Mir graut seitdem es mich umstrickt.
∞
Mephistopheles
10688Nur Muth! Noch ist es nicht mißglückt.
10689Geduld und Pfiff zum letzten Knoten;
10690Gewöhnlich gehts am Ende scharf.
10691Ich habe meine sichern Boten,
10692Befehlt daß ich befehlen darf.
∞
Obergeneral
∞der indeßen herangekommen
10693Mit diesen hast du dich vereinigt,
10694Mich hat’s die ganze Zeit gepeinigt,
10695Das Gaukeln schafft kein festes Glück.
10696Ich weiß nichts an der Schlacht zu wenden,
10697Begannen sie’s, sie mögen’s enden,
10698Ich gebe meinen Stab zurück.
∞Kaiser
10699Behalt ihn bis zu bessern Stunden,
10700Die uns vielleicht das Glück verleiht.
10701Mir schaudert vor dem garstigen Kunden,
10702Und seiner Rabentraulichkeit.
∞zu Mephistopheles
10703Den Stab kann ich dir nicht verleihen,
10704Du scheinst mir nicht der rechte Mann,
10705Befiehl, und such uns zu befreyen;
10706Geschehe, was geschehen kann.
∞ab ins Zelt mit dem Obergeneral
∞
Mephistopheles
10707Mag ihn der stumpfe Stab beschützen!
10708Uns andern könnt er wenig nützen,
10709Es war so was vom Kreuz daran.
∞
Mephistopheles
10710Es ist gethan! –
10711Nun schwarze Vettern, rasch im Dienen,
10712Zum großen Bergsee! grüßt mir die Undinen,
10713Und bittet sie um ihrer Fluthen Schein.
10714Durch Weiberkünste, schwer zu kennen,
10715Verstehen sie vom Seyn den Schein zu trennen,
10716Und jeder schwört das sey das Seyn.
∞Pause
∞Faust
10717Den Wasserfräulein müssen unsre Raben
10718Recht aus dem Grund geschmeichelt haben,
10719Dort fängt es schon zu rieseln an.
10720An mancher trocknen, kahlen Felsenstelle
10721Entwickelt sich die volle rasche Quelle,
10722Um jener Sieg ist es gethan.
∞Faust
10725Schon rauscht Ein Bach zu Bächen mächtig nieder,
10726Aus Schluchten kehren sie gedoppelt wieder,
10727Ein Strom nun wirft den Bogenstrahl,
10728Auf einmal legt er sich in flache Felsenbreite
10729Und rauscht und schäumt, nach der und jener Seite,
10730Und stufenweise wirft er sich ins Thal.
10731Was hilft ein tapfres heldenmäßiges Stemmen?
10732Die mächtige Woge strömt sie wegzuschwemmen.
10733Mir schaudert selbst vor solchem wilden Schwall.
∞
Mephistopheles
10734Ich sehe nichts von diesen Wasserlügen,
10735Nur Menschen Augen lassen sich betrügen
10736Und mich ergötzt der wunderliche Fall.
10737Sie stürzen fort zu ganzen hellen Haufen,
10738Die Narren wähnen zu ersaufen,
10739Indem sie frey auf festem Lande schnaufen,
10740Und lächerlich mit Schwimmgebärden
laufen.
10741Nun ist Verwirrung überall.
∞die Raben sind wieder gekommen.
10742Ich werd euch bey dem hohen Meister loben;
10743Wollt ihr euch nun als Meister selbst erproben,
10744So eilet zu der glühenden Schmiede,
10745Wo das Gezwerg-Volk, nimmer müde,
10746Metall und Stein zu Funken schlägt.
10747Verlangt, weitläufig sie beschwatzend,
10748Ein Feuer, leuchtend, blinkend, platzend,
10749Wie man’s im hohen Sinne hegt.
10750Zwar Wetterleuchten in der weiten Ferne,
10751Blickschnelles Fallen allerhöchster Sterne,
10752Mag jede Sommernacht geschehn;
10753Doch Wetterleuchten in verworrnen Büschen,
10754Und Sterne die am feuchten Boden zischen,
10755Das hat man nicht so leicht gesehn.
10756So müßt ihr, ohn’ Euch viel
zu quälen,
10757Zuvörderst bitten, dann befehlen.
∞Raben ab. Es geschieht wie
vorgeschrieben.
∞
Mephistopheles
10758Den Feinden dichte Finsternisse!
10759Und Tritt und Schritt in’s Ungewisse!
10760Irrfunken-Blick an allen Enden,
10761Ein Leuchten plötzlich zu verblenden.
10762Das alles wäre wunderschön,
10763Nun aber brauchts noch Schreckgetön.
∞Faust
10764Die hohlen Waffen aus der Säle Grüften,
10765Empfinden sich erstarkt in freyen Lüften;
10766Da droben klapperts, rasselts lange schon,
10767Ein wunderbarer falscher Ton.
∞
Mephistopheles
10768Ganz recht! sie sind nicht mehr zu zügeln,
10769Schon schallts von ritterlichen Prügeln,
10770Wie in der holden alten Zeit.
10771Armschienen, wie der Beine Schienen,10771 Schienen ] 2 IV H.8
Schienen : schienen G 2 H
(II aa)
10772Als Guelfen und als Ghibellinen,
10773Erneuen rasch den ewigen Streit.
10774Fest, im ererbten Sinne wöhnlich,
10775Erweisen sie sich unversöhnlich,
10776Schon klingt das Tosen weit und breit.
10777Zuletzt, bey allen Teufelsfesten,
10778Wirkt der Partheyhaß doch zum Besten,
10779Bis in den allerletzten Grauß.
10780Schallt wider-widerwärtig panisch,
10781Mitunter grell und scharf-satanisch,
10782Erschreckend in das Thal hinaus.
∞Kriegstummult im Orchester, zuletzt übergehend in
militairisch heitre Weisen