Untersuchung und Datierung von Tinten durch Röntgenfluoreszenzanalyse
Im Januar 2013 kam in Kooperation mit der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) an ausgewählten Handschriften im Goethe- und Schiller-Archiv die mobile Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) zum Einsatz. Auf der Grundlage der Zusammensetzung der verwendeten Eisengallustinten sollten entstehungsgeschichtliche Erkenntnisse über spezielle Teile des handschriftlichen Materials gewonnen werden. Wie im Fall der ähnlich angelegten Untersuchungen im Rahmen der Marburger Ausgabe der Werke Georg Büchners in den Jahren 2003 bis 2005 (vgl. Dedner u.a. 2005), wurde sowohl eine Datierung von Handschriften insgesamt als auch eine besser fundierte Unterscheidung von Bearbeitungsschichten innerhalb von Handschriften angestrebt, an denen Goethe längere Zeit oder in großen Abständen gearbeitet hat.
Das Verfahren beruht auf dem atomaren Prozess der Röntgenfluoreszenz. Zunächst wird ein Atom durch Röntgenstrahlung in einen energetisch höheren Zustand versetzt (Anregung), aus dem das Atom sehr schnell wieder in den energetisch niedrigeren Grundzustand zurückkehrt. Dabei sendet es Röntgenstrahlung aus, deren Energie auf das angeregte Element schließen lässt. Aufgrund der detektierten Energieverteilung der Röntgenfluoreszenzstrahlung können die vorhandenen Elemente identifiziert und auch ihr Mengenverhältnis bestimmt werden (für weitere Angaben zur RFA, zum eingesetzten Gerät sowie zu weiterführender Literatur vgl. Brüning u.a. 2013). Eisengallustinte, wie sie auch Goethe und seine Schreiber verwendeten, wird generell auf die metallischen Bestandteile des zur Herstellung verwendeten Eisenvitriols hin untersucht. Die Differenzierung der Tinten basiert auf der Konzentration der metallischen Nebenbestandteile in Relation zum Hauptbestandteil Eisen. Als am aussagekräftigsten erwiesen sich im Fall der für die RFA ausgewählten Handschriften die relativen Konzentrationen von Kupfer und Kalium.
An folgenden Handschriften wurden durch Oliver Hahn (Berlin / Hamburg) und Georg Dietz (Dresden) Messungen angestellt:
GSA 25/W 1493 – GSA 25/W 1567 – GSA 25/W 1589 – GSA 25/W 1618 – GSA 25/W 1698 – GSA 25/W 1729 – GSA 25/W 1752 – GSA 25/W 1753 – GSA 25/W 1800 – GSA 28/1053, Bl. 123 – GSA 29/553a,I – GSA 68/152, St. 63 und 153
Die Ergebnisse liegen in Form von Diagrammen vor (vgl. Abb. 2 sowie den ausführlichen Bericht). Zur Auswertung und Interpretation der Messergebnisse vgl. Brüning / Hahn 2017.
Weiterführende Hinweise
- Brüning / Hahn 2017
- Brüning u.a. 2013
- Wolfgang Hirsch: Letzte Rätsel um Goethes „Faust II“, in: Thüringische Landeszeitung vom 7. Oktober 2015, S. 12.