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29. Lavater an Goethe.

[ Zeugnis Nr. 10: Dank, dir nochmals, Bruder, fleißiger, treüer, guter Lehrer; deine Briefe hab’ ich vor mir, den mir Bleystift, u. die Billiets auf Fließpapier. Das an Bäben für mich hab’ ich mir noch nicht vorlesen laßen. Du bist ein guter. Von der Freündschaft u. dem [Lücke] denk’ ich genau, wie du – deine neüen Aufschlüße – wem Bruder, kannst du sie mittheilen, der sie hörender aufnimt wie ich?

Warnungen gegen schnelle Empfindlichkeit hab’ ich sehr nöthig, aber gewiß in dem Fall, bey deßen Anlaß du die Warnung giebst, affektirte ich in dem Brief an dich, u. der Nachricht, zehnmal mehr, als ich hatte; Eigentlich glaubt’ ich, es würde so nicht gedrukt werden, nur die Censur wollt’ ich dieß lesen laßen; Gewiß den nächsten Posttag wollt’ ich dir schreiben, es sanfter zumachen, u. da ließ ich’s aus Nonchalance u. Zutrauen zu deiner Klugheit seyn. Sonst nochmals ist diese schnell auffahrende Empfindlichkeit einer meiner Hauptfehler.

Sehen wollt’ ich den Gaßner. Es ist, wie du sagt. Papier läßt höchstens nicht widersprechen; Aber 43Sehen giebt Glaubensfülle. Aber der gute Mann muß hin u. her reisen. Man schreibt mir aller Orten her von ihm. Erst neülich unweit Ulm macht er eine 5. Jahre lang blinde Person sehend.

Den Wechsel für den armen – beleidigten Deinet, deßen Nachbeßerung ich nun auch gelesen – wirst du nun erhalten haben?

Ist Meyer von Zürich nicht bey dir gewesen? Er hätte dir eine Kleinigkeit übergeben sollen.

Tausend Grüße deinem lieben Papa, deßen väterlicher Brief mich herzlich freüte.

Kannst du Deineten etwas Freüde machen, so machs. Rüg’ es nicht, daß er der ersten Thorheit eine zweyte beygefügt. Ich sehe nun, was ich nicht glauben wollte. Er ist ein lieber Etourdi – Sans pareil.

Fausten – u. Werther – erwarten wir mit Tage zählen.

Klopstok – grüß ihn auch von mir, u. wünsch’ ihm auch von meiner Seite Glük zu seinem neüen Herrn; u. sage mir im nächsten Brief – wie du Klopstoken angezogen.

Bruder – jeden Brief ein paar Duzend physiognomische Reflexionen, und etwa ein ganzes Abhandlunglein! Von Füßlin hab’ ich nun nähere Hoffnung. Hab’ ich was, komm u. siehe! Von Merken, weiß u. hör’ ich nichts mehr. Grüß mir ihn.

Hätte noch viel zusagen, aber du magst’s izt noch nicht tragen.

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Wo ist Basedow? Adieü. Grüße die Klettenbergin. ]

[Zürich] den 1. 8br. 1774. L.