42/21. An Sulpiz Boisserée
[ Gräf Nr. 1454: Hier nun zum letztenmal, mein Bester, eine Abtheilung von Helena; Sie gelangen dadurch unmittelbar bis zu der Axe, auf der das ganze Stück dreht. Das vollständige Manuscript wird vor Ende des Monats abgesendet. Es ist auch hier das alte Autorwesen: man getraut sich nicht Amen zu sagen, bis der Setzer uns an die Fersen tritt. ]
Das Jahr hat, zwar irdisch genug, mit Freud und Leid angefangen, doch überwiegt jenes; und so müssen wir's dankbar anerkennen. Gebe das waltende Geschick, daß in der Schluß-Bilance die Affirmation das Übergewicht behalte.
Der Eintritt Heinrichs in das überwältigte Paris kam denn auch durch Ihre Sorgfalt wohlbehalten an; allerdings bewundernswürdig und zu vielen Betrachtungen über alte und neue Kunst Anlaß gebend. Auf's Lebendige, Wirkliche gegründet, ruht das Werk auf einer sichern Base.
20 Fortfahrend in meiner testamentarischen Vorsorge habe den 30. December die Notiz wegen der Schillerschen Correspondenz abgesendet, die nun auch wohl angekommen und zu freundlicher Abschließung des Geschäftes Anlaß geben wird. Die Originale sind nun bey Großherzoglicher Regierung niedergelegt.
Und so habe ich denn, das endliche Ende vorzubereiten, auf unserm neuen lieu de repos, neben der Fürstlichen Gruft, ein anständiges Gehäus projectirt, wo sie dereinst meine Exuvien und die Schillerschen wiedergewonnenen Reste zusammen unterbringen mögen. Die Freunde v. Müller, Coudray und ein wohldenkender Bürgermeister haben die Ausführung unternommen, und ich glaube auf diese Weise jene räthselhaften Schwankungen zu allgemeiner sittlichreligioser Zufriedenheit aufgelöst und beschwichtigt zu haben. Dieses und sonst noch manches ist in der Anwesenheit des wackern Ernst Schiller verhandelt und abgeschlossen worden. Das Local hat vor, neben und besonders hinter sich aufwärts schöne freye Räume, so daß Weimar sich bald eines Père la Chaise-Parks, bey beharrlichem guten Willen und wohlgeleitetem Geschmack, möchte zu erfreuen haben.
Daß ich nun aber zu jenem kunstreich-tumultuarischen Blatte unsers theuren Pariser Künstlers zurückgehe, so vermelde, daß ein an denselben gerichteter Brief auch schon übersetzt vor mir liegt, er will mir aber in dieser Gestalt nicht gefallen, denn die deutschen treuen und gründlichen Äußerungen nehmen sich im Französischen einmal allzu naiv und dann wieder amphigurisch aus. Er sollte mit dem Gegenwärtigen an Sie abgehen, folgt aber bald. Durch Ihre Hand wird er dem werthen Manne gewiß noch willkommner seyn.
[ Gräf Nr. 1454 (weiter): Herrn v. Cotta bitte mich bestens und schönstens zu empfehlen, für den mitgetheilten Rechnungsauszug zu danken. Wie ich mir denn vorbehalte, nach Einlangen der zugesagten Faustischen Exemplare noch einiges Weitere vernehmen zu lassen. ]
An die lieben Ihrigen die besten Grüße. Denken Sie mein im Guten, theilen Sie mir Aufregendes und Erbauliches mit. Wirket so lange es Tag ist!
and so for ever
Weimar den 19. Januar 1827.
G.