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1814, 29. Mai.
Bei Goethe in Berka
Wir [F. v. Müller und Riemer] tafelten lange bei Goethe. Er schien mir sehr angegriffen durch den Gedanken an das bevorstehende Duell seines Sohnes. [ Gräf Nr. 1153a: Seine Unzufriedenheit über der Frau von Staël Urtheile über seine Werke brach lebhaft hervor. Sie habe Mignon bloß als Episode beurtheilt, da doch das ganze Werk dieses Charakters wegen geschrieben sei. Meister müsse nothwendig so gährend, schwankend und biegsam erscheinen, damit die andern Charaktere sich an und um ihn entfalten könnten, weßhalb auch Schiller ihn mit Gil Blas verglichen habe. Er sei wie eine Bohnenstange, an dem sich der zarte Epheu hinaufranke. Die Staël habe alle seine, Goethes, Productionen abgerissen und isolirt betrachtet, ohne Ahnung ihres inneren Zusammenhangs, ihrer Genesis. ] Daher sei ihre Kritik über Schiller so viel besser, weil dessen allmähliche Ausbildung in der chronologischen Folge seiner Stücke klar vorliege.
Riemer mußte den für Halle entworfenen Prolog und das Lobspiel auf Reil vorlesen. Auch von dem unternommenen Stück zu des Königs von Preußen Empfang in Berlin wurde gesprochen.