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〈
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∞ 〈Pallaſt, Raum davor, Meeresufer zur Seite erg〉
∞Nachtvor dem Pallaſt〈tilgt〉
erg〉∞Vier graue Weiber treten auf.
∞Zu vier.
11386Die Thür iſt verſchloſſen wir kom̄en nicht ein,
11387Drinn wohnet ein Reicher wir mögen nicht ’nein.
∞(Sorge verſchwindet)
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∞Zu drey.
11395Es ziehen die Wolken es ſchwinden die Sterne.
11396Dahinten, dahinten! von ferne von ferne.
11397Da kommt er der Bruder da kom̄t er der Tod.
∞Fauſt.
∞
〈(auf dem Balcon) erg〉
11398Vier sah ich kommen, drey nur gehn〈. erg〉
11399
Und ihre〈: Den Sinn der〉 Worte konnt ich nicht verſtehn.
11402Es klang ſo hohl, ſo geiſterhaft gedämpft;〈: !〉
11403Noch hab ich mich ins Freye mich gekämpft.
∞
〈(im Pallaſte wandelnd) erg〉
11404Könnt ich Magie von meinem Pfad entfernen,
11405Die Zauberſprüche ganz und gar verlernen.〈: ;〉
11406Stünd ich Natur vor dir ein Mann allein〈, erg〉
11407Da wär’s der Mühe werth ein Menſch zu ſeyn.
11408Das war ich ſonſt eh ich es drüben ſuchte〈, erg〉
11409Mit Frevel-Wort mich und die Welt verfluchte〈, erg〉
11410Nun iſt die Zeit von ſolchem Spuck ſo voll
11411Daß niemand weiß wie er ihn meiden ſoll.
11413In Traumgeſpinst verwickelt uns die Nacht.〈: ;〉
11414Wir kehren froh von junger Flur zurück,
11415Ein Vogel krächzt, was krächzt er: Mißgeſchick.
11416Von Aberglauben früh und ſpat umgarnt:
11417Es eignet ſich, es zeigt ſich an, es warnt.
11418Und ſo verſchüchtert ſtehen wir allein.
11419Die Pforte knarrt und niemand kom̄t herein.
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⌜
∞(erſchüttert)
11420Iſt jemand hier?
∞Sorge.
11424Würde mich kein Ohr vernehmen
11425Müßt es doch im Herzen dröhnen〈; erg〉
11426In verwandelter Geſtalt
11428Auf den Pfaden auf der Welle
11429Ewig ängſtlicher Geſelle〈, erg〉
11430Stets gefunden nie geſucht
11431So geſchmeichelt wie verflucht〈. erg〉
11432Haſt du die Sorge nie gekannt
∞Fauſt.
11433Ich bin nur durch die Welt gerannt
11434Ein jed〈’ erg〉Gelüſt ergriff ich bey den
Haaren
11435Was nicht genügte ließ ich fahren
11436Was mir entwiſchte ließ ich ziehn.
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11437Ich habe nur begehrt und nur vollbracht
11438Und abermals gewünſcht und ſo mit Macht
7
〈
∞(erſchüttert)
11420Iſt jemand hier?
∞Sorge.
11424Würde mich kein Ohr vernehmen
11425Müßt es doch im Herzen dröhnen;
11426In verwandelter Geſtalt
11427Ueb’ ich grimmige Gewalt.
11428Auf den Pfaden auf der Welle
11429Ewig ängſtlicher Geſelle,
11430Stets gefunden nie geſucht,
11431So geſchmeichelt wie verflucht.
11432Haſt du die Sorge nie gekannt?
∞Fauſt
11433Ich bin nur durch die Welt gerannt.
11434Ein jed’ Gelüſt ergriff ich bey den Haaren,
11435Was nicht genügte lies ich fahren,
11436Was mir entwiſchte lies ich ziehn.
11437Ich habe nur begehrt und nur vollbracht,
11438Und abermals gewünſcht, und ſo mit Macht
11440Nun aber geht es weiſe, geht bedächtig.
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11443Thor〈! erg〉 wer dorthin die Augen blinzelnd
richtet,
11444Sich über Wolken ſeines gleichen dichtet;
11445Er ſtehe feſt und ſehe hier ſich um
11446Dem t〈: T〉üchtigen iſt dieſe Welt nicht ſtumm
11448Was er erkennt läßt ſich ergreifen,
11449Er wandle ſo den Erdentag entlang;
11450Wenn Geiſter ſpuken geh’ er ſeinen Gang,
11451Im Weiterſchreiten find’ er Qual und Glück,
11452Nur mißvergnügt in jedem Augenblick.
∞Sorge
11453Wen ich einmal mir besitze
11454Ihm iſt alle Welt nichts nütze
11455Ewiges Düſtre ſteigt herunter
11456Sonne geht nicht auf noch unter
11457
b〈: B〉ey vollkom̄nen äußern Sinnen
11458Wohnen Finſterniſſe drinnen.
11459Und er weiß von allen Schätzen
11460Sich nicht in Beſitz zu ſetzen.
11461Glück und Unglück wird zur Grille
11462Er verhungert in der 〈
××
>〉 Fülle,
11463Sey es Wonne sey es Plage
11464Schiebt e〈s >〉rs zu dem andern
Tage
11465Iſts〈: Iſt〉 der Zukunft nur gewärtig
11466Und ſo wird er niemals fertig.
∞Fauſt.
11467Hör auf! ſo kommſt du mir nicht bey!
11468Ich mag nicht ſolchen Unſinn hören.
11469Fahrhin! die ſchlechte Litaney
11470Sie könnte ſelbſt den klügſten Mann bethören.
∞Sorge.
11471Soll er gehen, ſoll er kom̄en,
11472Des Entſchluß iſt ihm genom̄en;
11473Auf gebahnten Weges-Mitte,
11474Wankt er taſtend halbe Schritte.
11475Er verliert ſich immer tiefer,
11476Siehet alle Dinge ſchiefer,
11477Sich und andere läſtig drückend
11478Athem holend und erſtickend;
11479Nicht erſtickt und ohne Leben,
11480Nicht verzweifelnd, nicht ergeben.
11481So ein unaufhaltſam Rollen
11482Schmerzlich Laſſen, widrig Sollen
11483Bald befreyen, bald erdrücken
11484Halber Schlaf und ſchlecht Erquicken
11485Heftet ihn an ſeine Stelle
11486Und bereitet ihn zur Hölle.
∞Fauſt.
11487Unſelige Geſpenſter ſo behandelt ihr
11488Das menſchliche Geſchlecht zu tauſendmalen,
11489Gleichgültige Tage ſelbſt verwandelt ihr
11491Dämonen, weis ich, wird man ſchwerlich los,
11492Das geiſtig-ſtrenge Band iſt nicht zu tren̄en;
11493Doch deine Macht, o Sorge, ſchleichend groß,
11494Ich werd〈: werde〉 ſie nicht anerkennen.
∞Sorge
11495Erfahre ſie, wie ich geſchwind
11496Mich mit Verwünſchung von dir wende
11497Die Menſchen ſind im ganzen Leben blind
11498Nun Fauſte! werde dus am Ende.
∞(ſie haucht ihn an)
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∞Fauſt
∞(erblindet)
11499Die Nacht ſcheint tiefer tief hereinzudringen
11500Allein im Innern leuchtet helles Licht,
11501Was ich gedacht ich eil es zu vollbringen;
11502Des Herren Wort es giebt allein Gewicht.
11504Laßt glücklich ſchauen was ich kühn ersann.
11505Ergreift das Werkzeug Schaufel rührt den〈: und〉 Spaten
11506Das Abgeſteckte muß ſogleich gerathen.